Ihr Begleitbuch zum Kometen |
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140 Seiten, EUR 8.90 |
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DIE GRÖSSTEN KOMETEN DER GESCHICHTEObwohl die aktuellen Erkenntnisse nicht darauf hindeuten, hoffen manche immer noch, dass Komet Ison sich zu einem der hellsten bzw. eindrucksvollsten Schweifsterne aller Zeiten entwickelt. Da stellt sich die Frage, welche Kometen denn nun die "größten" überhaupt waren. Aufzeichnungen über diese Himmelsobjekte sind bereits aus dem letzten Jahrtausend unserer Zeitrechnung überliefert, doch geben sich viele der antiken und frühmittelalterlichen Texte sehr knapp und vage. Vielleicht sind über den einen oder anderen sehr hellen Schweifstern auch gar keine Notizen überliefert worden. Besser wird die Quellenlage ab dem Hochmittelalter. Für diesen Zeitraum seit etwa 1000 n. Chr. lässt sich also eine Art Hitparade der Kometen, eine Top 10 der Schweifsterne, erstellen. Zum Glück müssen wir dafür nicht die in Bibliotheken und teilweise in Tresoren lagernden Originalquellen einsehen, sondern können uns auf das 2009 erschienene Buch "The Greatest Comets in History" des Australiers David Seargent stützen. Der Autor zählt für die letzten 1000 Jahre immerhin 26 besonders eindrucksvolle Schweifsterne auf, darunter zwei Auftritte von 1P/Halley (1066 und 1910). Aus dieser Vorauswahl können wir also unsere Top 10 zusammenstellen. Der eine oder andere wird vielleicht die hellen Kometen des 20. Jahrhunderts in dieser Aufstellung vermissen. Tatsächlich hat es keiner von ihnen in die Top 10 geschafft, doch in einer Top 20-Liste fänden einige von ihnen auf jeden Fall ihren Platz, ebenso wie der vielleicht schönste Komet der Geschichte, C/1858 L1 (Donati). Eine solche Liste wäre also noch "kopflastiger" als unsere Top 10. Ist es wirklich so, dass in den letzten 200 Jahren besonders viele besonders eindrucksvolle Kometen aufgetreten sind? Die Antwort ist ein klares "Ja" ... aber dennoch ist das Bild verzerrt, denn bis zum 16. h. entgingen helle Schweifsterne, die ausschließlich auf der Südhalbkugel sichtbar waren, den Chronisten. Erst ab Ende des 18. Jh. können wir ganz sicher von einer vollständigen Erfassung ausgehen. Doch selbst wenn wir eine Dunkelziffer an "Südkometen" berücksichtigen - es besteht kein Zweifel, dass die letzten 200 Jahre besonders reich an eindrucksvollen Schweifsternen waren. Eine solche Häufung ist zufällig und liegt im Bereich statistischer Schwankungen, wenn man wirklich lange Zeiträume - 10000 Jahre oder mehr - betrachtet. |
1P/Halley (1066) - Platz 101P/Halley ist der einzige der nummerierten periodischen Kometen, welcher bei jeder Wiederkehr problemlos mit bloßem Auge sichtbar ist. Sicher belegt ist er in chinesischen Quellen seit 240 v. Chr., wobei die antiken Beobachter aus dem Reich der Mitte natürlich nicht wussten, dass sie im Abstand von etwa 76 Jahren immer wieder den gleichen Schweifstern sahen. Die wohl berühmteste und zumindest in den letzten 1000 Jahren eindrucksvollste Perihelpassage von Halleys Komet fand im Jahr 1066 statt. Sie wird in zahlreichen Quellen von Europa über Arabien bis nach China erwähnt. Halley näherte sich der Erde damals bis auf 0.1 AE (etwa 15 Millionen) Kilometer, aber selbst für eine solch große Annäherung war er offenbar ungewöhnlich hell. Dabei könnte Vorwärtsstreuung des Sonnenlichts ebenso eine Rolle gespielt haben wie einer oder mehrere Helligkeitsausbrüche. Möglicherweise war er kurzzeitig auch am Taghimmel sichtbar. Berühmt wurde dieser Erscheinung von 1P/Halley vor allem durch die Darstellung auf dem Teppich von Bayeux. Diese verdeutlicht wie vielleicht keine andere die Ambivalenz und die Unsinnigkeit der Kometenfurcht. Für den angelsächsischen König Harald, der in der Schlacht von Hasting sein Reich und sein Leben verlor, war der Schweifstern ein Unglücksbringer. Der siegreiche Normannen-Herzog William wird den Schweifstern dagegen als günstiges Omen für sich gesehen haben. Die Szenen 32 und 33 des Teppichs von Bayeux zeigen den Halleyschen Kometen über dem Thron von König Harald, der auf seinem Sitz
bereits wankt. Der Teppich, eigentlich eine Tuch-Stickerei, wurde vermutlich zwischen 1066 und 1082 in Südengland angefertigt. Literatur
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C/1402 D1 (Großer Komet) - Platz 9
Dieser Schweifstern ist weltweit in zahlreichen Quellen bezeugt. Obwohl die Positionsangaben eher vage sind, ließ sich näherungsweise ein Orbit berechnen. Demnach durchlief der Komet sein Perihel am 21.03.1402 in 0.38 AE Sonnendistanz. Die nächste Annäherung an die Erde wurde bereits am 20.02.1402 mit 0.71 AE erreicht. Beide Werte sind nicht sonderlich beeindruckend. Dass der Schweifstern dennoch enorm hell wurde und nach einer italienischen Quelle Ende März eine Woche lang am Taghimmel beobachtet werden konnte (ein bis heute gültiger Rekord, wenn denn die Angabe stimmt) spricht für einen ungewöhnlich großen und aktiven Kern sowie starke Vorwärtsstreuung des Sonnenlichts. Der bis zu 45 Grad lange Schweif hatte ein fächerartiges Aussehen mit mehreren Strahlen, bei denen es sich entweder um Synchronen oder um Striae gehandelt haben dürfte. Die gesamte Beobachtungsperiode erstreckte sich von Anfang Februar bis Ende März; insofern müsste die Bezeichnung korrekterweise C/1402 C1 lauten. Der Große Komet von 1402 über einem Schlachtfeld.
Mittelalterliche Handschrift unklarer Provenienz. Literatur
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C/2006 P1 (McNaught) - Platz 8Komet McNaught (C/2006 P1) konnte Mitte Januar 2007 mehrere Tage neben der Sonne am Taghimmel beobachtet werden. Davor präsentierte er sich als extrem helles Objekt in der Dämmerung. Beides hat er mit zahlreichen Kometen der Vergangenheit gemeinsam. Einen Platz in unseren Top 10 belegt McNaught daher vor allem auf Grund seines unglaublichen Schweifes, der eine Länge von etwa 50 Grad und eine Breite von mindestens 20 Grad erreichte, als er in der dritten Januardekade 2007 am Südhimmel stand. In den letzten 1000 Jahren gab es nur einen weiteren Schweifstern (C/1743 X1), welcher sich mit einer derart ausgeprägten Striatur im Staubschweif präsentiert hatte. Interessanterweise schienen selbst diejenigen, welche McNaught in voller Pracht am Südhimmel bestaunten, nicht zu realisieren, dass sie gerade einen der eindrucksvollsten Kometen der Geschichte vor sich hatten.Ausführliche Infos sowie Literaturangaben zu C/2006 P1 finden sich auf einer separaten Seite. Komet McNaught (C/2006 P1), fotografiert von seinem Entdecker am 24.01.2007, 10:49 UT,
bei Dubbo, NSW, Australien, mit einer Canon 5D, 50mm, f/2.8, 120 sec exp., ISO 400 |
C/1882 R1 (Großer Septemberkomet) - Platz 7
Nach heutigem Wissensstand sind alle Sungrazer ("Sonnenstreifer") der Kreutz-Gruppe durch kaskadierenden Zerfall aus einem Ursprungskörper hervorgegangen, dessen erste Teilung bei einem Periheldurchgang im 5. Jahrhundert erfolgte. Die Tochterkometen sind im frühen 12. Jh. zur Sonne zurück gekehrt, jedoch wurde offenbar nur einer davon (X/1106 C1) beobachtet. Bei den seit dem 19. Jh. beobachteten Kreutz-Kometen handelt es sich demnach um Bruchstücke der zweiten Generation. Der Kern des Ausgangskometen muss keineswegs sonderlich groß gewesen sein – ein Objekt von 10 Kilometern Durchmesser reicht vollkommen aus, um die unzähligen in den letzten 170 Jahren beobachteten Fragmente zu erklären. C/1882 R1, fotografiert am 07.11.1882 von Sir David Gill (1843 - 1914) in Südafrika. Dass auf dieser und anderen Aufnahmen des Kometen derart viele Sterne
sichtbar waren, begeisterte Astronomen auf der ganzen Welt und trug mit zum Aufschwung der Astrofotografie bei. Literatur
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C/1843 D1 (Tageslichtkomet) - Platz 6
Dies war der erste der hellen Sungrazer der Kreutz-Gruppe des 19. und 20. Jahrhunderts und eine der großartigsten Kometenerscheinungen der Geschichte. Entdeckt wurde C/1843 D1 von mehreren namentlich nicht bekannten Personen Anfang Februar 1843 im Raum New York. Die ersten vagen Beobachtungsberichte wurden in Tageszeitungen publiziert. Im Laufe des Monats bewegte der Komet sich bei zunehmender Helligkeit auf die Sonne zu, deren Oberfläche er sich beim Periheldurchgang in nur 0.0055 AE vom Sonnenmittelpunkt am 27.02.1843 bis auf etwa 140000 km annäherte. Am folgenden Tag waren seine Koma und etwa 5 Grad des Schweifes mit einer unglaublichen Brillanz und Schärfe neben dem Tagesgestirn sichtbar. Bezeichnenderweise ist es der einzige Sungrazer, dessen Taghimmel-Sichtbarkeit in den chinesischen Annalen erwähnt wird. Nie zuvor oder danach hat sich ein Schweifstern derart eindrucksvoll am Taghimmel präsentiert. C/1843 D1, auch als Tageslichtkomet bezeichnet, war der bislang imposanteste Vertreter der Kreutz-Gruppe. Sein Schweif maß etwa 300 Millionen Kilometer;
am irdischen Himmel erreichte er eine Länge von 70 Grad. Bildnachweis: Chambers (1909, Plate XIV). Literatur
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C/1743 X1 (Klinkenberg) - Platz 5Die Entdeckung des weitaus hellsten Schweifsterns des 18. Jahrhunderts wird im Allgemeinen dem niederländischen Amateurastronomen Dirk Klinkenberg (1709-1799) zugeschrieben, der ihn am 09.12.1743 fand. Doch bereits 10 Tage vorher hatte ihn sein Landsmann Jan de Munck, auch er ein Amateur, gesehen. Eine weitere unabhängige Entdeckung erfolgte am 13.12.1743 durch den Schweizer Jean-Philippe de Chéseaux (1718 - 1751). C/1743 X1 ähnelte in seinem ganzen Auftreten verblüffend dem Kometen McNaught (C/2006 P1). Bei beiden Schweifsternen waren Periheldistanz und größte Erdnähe praktisch identisch, beide waren in Folge von Vorwärtsstreuung des Sonnenlichts am Taghimmel neben der Sonne sichtbar und bei beiden war der Staubschweif durch extrem ausgeprägte Striae gegliedert. Doch Klinkenberg war deutlich länger (fast 5 Monate gegenüber gut 2 Monaten) mit bloßem Auge sichtbar und für Beobachter auf der Nordhalbkugel vor dem Perihel viel günstiger postiert. Sein Schweif übertraf mit bis zu 90° Länge denjenigen von McNaught deutlich. Auf die Zeitgenossen muss die gewaltige Himmelserscheinung einen tiefen Eindruck gemacht haben, wovon eine Flut von Schriften zeugt, die z.T. noch dem bereits weitgehend überkommenen Aberglauben anhingen. Unter den Beobachtern war auch der 13jährige Charles Messier, den dieses Erlebnis veranlasste, sein Leben den Kometen zu widmen. Messier gilt als der erste "Kometenjäger". Dabei wird aber übersehen, dass vor ihm bereits andere, u.a. eben Dirk Klinkenberg, der immerhin 4 Schweifsterne entdeckte, mehr oder weniger systematisch nach den Himmelsboten Ausschau hielten. Komet Klinkenberg in einer zeitgenössischen Abbildung.
C/1743 X1 war bereits im Dezember 1743 mit bloßem Auge gut sichtbar. Anfang Januar 1744 wurde er so hell, dass auch unbedarfte Zeitgenossen ihn nicht mehr übersehen konnten; die "Neuentdeckungen" häuften sich jetzt. Mitte Februar hatte Klinkenberg einen etwa 25 Grad langen Schweif entwickelt; der Kopf war jetzt heller als alle Sterne mit Ausnahme des Sirius. Am 23.02.1744 hatte er Jupiter übertroffen, am 25.02. stand er zusammen mit Venus in der Morgendämmerung und kam dieser an Helligkeit gleich, am 28.02.1743 war er etwa 12 Grad neben der Sonne mühelos am Taghimmel sichtbar. Seine Helligkeit muss an diesem Tag zumindest -6mag betragen haben. Nach der Perihelpassage am 01.03.1744 wanderte Klinkenberg - wie später McNaught - steil nach Süden. Zwischen dem 05. und 09.03.1744 ragte sein Schweifende, gegliedert in 6 bis 11 Strahlen, über den mitteleuropäischen Horizont. Lange war über die Natur dieses Phänomens gerätselt worden, weder Synchronen noch Syndynen lieferten eine befriedigende Erklärung. Erst als um den 20.01.2007 einige Striae im Schweif des Kometen McNaught ebenfalls über dem mitteleuropäischen Horizont standen, wurde klar, dass man genau dieses Phänomen bereits 263 Jahre zuvor beobachtet hatte. Nach dem 10. März war C/1743 ein exklusives Objekt des Südhimmels. Sein Schweif erreichte um den 18.03.1744 eine Länge von bis zu 90 Grad. Nachdem Klinkenberg 3 Monate lang den Himmel beherrscht hatte, ging seine Helligkeit offenbar ziemlich rasch zurück; die letzte Beobachtung datiert vom 22.04.1744. Literatur
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C/1680 V1 (Kirch) - Platz 4C/1680 V1 wurde am 14.11.1680 zufällig von dem deutschen Hobby-Astronomen Gottfried Kirch bei teleskopischen Beobachtungen bemerkt. Es war der erste Komet überhaupt, der nicht mit bloßem Auge, sondern mit optischen Hilfsmitteln entdeckt wurde. Im Laufe der kommenden zwei Wochen wurde das Objekt am Morgenhimmel allmählich heller und entwickelte einen eindrucksvollen Schweif, dessen Länge Ende November über 30 Grad betrug. Komet Kirch erreichte seinen geringsten Erdabstand am 01.12.1680 mit 0.42 AE. Als er am 18.12.1680 in weniger als 1 Million Kilometer Entfernung von der Sonne sein Perihel durchlief, konnte dies am Taghimmel beobachtet werden. C/1680 V1 entwickelte sich nach dem Perihel zu einer der imposantesten Kometenerscheinungen der letzten 1000 Jahre. Binnen weniger Tage steig er am Abendhimmel steil nach Norden. Um die Weihnachtszeit 1680 erreichte sein Schweif eine Länge von 90°, überspannte also den halben Himmel. Am 05.01.1681 näherte er sich der Erde noch einmal bis auf 0.49 AE an. Bis weit in den Januar hinein stand er als auffälliges Objekt am Himmel und entfaltete auf die Öffentlichkeit eine ungeheure Wirkung. Eine Flut von Traktaten und Einblattdrucken erschienen, zumeist beflügelt von der grassierende Kometenfurcht. C/1680 V1 wurde als Zeichen des nahenden Weltendes, zumindest aber als Mahnung Gottes angesehen; in den Kirchen wurden Bußgottesdienste abgehalten. Komet Kirch (C/1680 V1) in einer zeitgenössischen Darstellung.
Ausgerechnet der Komet, der den Aberglauben zur höchsten Blüte führte, läutete auch dessen Ende ein. Zahlreiche Astronomen beobachteten den gewaltigen Schweifstern mit großer Sorgfalt. Unabhängig voneinander kamen Georg Damuel Dörffel in Sachsen und Isaak Newton in England zu der Schlussfolgerung, dass der Komet sich auf einer parabolischen Bahn um die Sonne bewegt. Zwar hatten schon Johannes Hevelius und Giovanni Borelli gleiches von dem hellen Kometen der Jahreswende 1664/65 (C/1664 W1) vermutet, doch allgemein herrschte noch Johannes Keplers Auffassung vor, dass sich Schweifsterne auf geradlinigen Bahnen bewegen. Die Kurve, welche Komet Kirch vor aller Augen um die Sonne zog, war jedoch eine klare Widerlegung der Keplerschen Theorie. Ausführliche Infos sowie Literaturangaben zu C/1680 V1 finden sich auf einer separaten Seite. |
X/1106 C1 (Großer Komet) - Platz 3X/1106 C1 ist in zahlreichen mittelalterlichen Quellen von Europa über den Nahen Osten bis nach Ostasien belegt. Entdeckt wurde er vermutlich am 02.02.1106 im heutigen Belgien von Sigebertus Gemblacensis am Taghimmel unmittelbar neben der Sonne. In den folgenden Tagen wanderte er in die Abenddämmerung, wo er mit einem hellen Schweif von geradezu unglaublichen Dimensionen in Erscheinung trat, dessen Länge nach mehreren Quellen 90 bis 100 Grad erreichte. Offenbar war der Himmelszauber aber rasch vorbei, spätestens Mitte März war der Komet nicht mehr sichtbar. Da die Positionsangaben in den historischen Texten widersprüchlich sind, war es nicht möglich einen Orbit zu berechnen - daher das "X" in der Bezeichnung. Immerhin konnte schlüssig gezeigt werden, dass X/1106 C1 keine frühere Erscheinung von C/1680 V1 (Kirch) war. Das ganze Auftreten des Großen Komet von 1106 erinnert jedoch sehr an einen Sungrazer der Kreutz-Gruppe. Sehr wahrscheinlich handelte es sich um eines von mindestens zwei Kreutzfragmenten der ersten Generation und vermutlich um einen Vorläufer des Tageslichtkometen C/1843 D1 (Sekanina & Chodas 2008). Irgendwann während oder nach seiner Perihelpassage muss sich der Kern von X/1106 C1 demnach geteilt haben. Zeichnungen dieses Schweifsterns sind nicht überliefert, aber man liegt sicher nicht falsch, wenn man ihn sich als eine vergrößerte Version von C/1843 D1 vorstellt. Nach einer chinesischen Quelle erreichte der Schweif eine Breite von 4 bis 5 Grad. Verschiedene Texte berichten von "Blitzen" und "Strahlen" im Schweif - möglicherweise ein Hinweis auf Striae. So schwierig die Quellen auch zu interpretieren sein mögen, so besteht doch kaum ein Zweifel, dass X/1106 C1 der gewaltigste Sungrazer war, welcher jemals beobachtet wurde. Literatur
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C/1264 N1 (Großer Komet) - Platz 2Die im Mittelalter und in der frühen Neuzeit allgegenwärtige Kometenfurcht gebahr vor allem im europäischen Raum so manche grotesk übertriebene Beschreibung oder Abbildung von Schweifsternen. Doch es gab tatsächlich einen Kometen, der den wildesten Alpträumen jener vorwissenschaftlichen Zeit entsprach. C/1264 N1 wurde am 17.07.1264 erstmals in Frankreich in der Abenddämmerung gesichtet, wenige Tage später dann auch anderswo in Europa und in Japan. Nach seiner Perihelpassage, die vermutlich am 20.07.1264 in 0.82 AE Sonnenentfernung erfolgte, zog er sich vom Abendhimmel zurück, um ab dem 25. Juli in der Morgendämmerung wieder aufzutauchen. Als C/1264 N1 (wahrscheinlich) am 29.07.1264 in nur 0.18 AE Entfernung an der Erde vorbeizog, präsentierte er sich mit einem 100 Grad langen und offenbar (durch Synchronen?) aufgefächertem Schweif. Anders als der in gewisser Weise vergleichbare Hyakutake (C/1996 B2) erfolgte die Erdpassage beim großen Kometen des Jahres 1264 nach dem Perihel. Dementsprechend - und dies deckt sich mit den Quellenangaben - war der lange Schweif ein heller Staubschweif. Hyakutakes ähnlich langer Schweif war dagegen ein blasser Gasschweif. War schon C/1996 B2 unter dunklem Himmel eine überaus beeindruckende Erscheinung, so kann man ahnen, wie gewaltig sich C/1264 N1 präsentierte. Nach chinesischen Angaben war er 4 Monate mit bloßem Auge sichtbar, also bis in den November 1264 hinein. Dabei änderte er offenbar sein Aussehen. Koreanische Beobachter notierten, dass die zuvor gesichteten Schweifstrahlen sich im August wieder zu einem Schweif vereinigten. Als die Erde um den 22.08.1264 durch die Bahnebene der Kometen zog, änderte sich der Blickwinkel. Dadurch erschien der Schweif wohl wieder heller und länger; jedenfalls werden um den 11.09.1264 von den Koreanern erneut enorme Schweiflängen verzeichnet. C/1264 N1 ist durch zahlreiche Quelle so gut belegt, dass anders als bei X/1106 C1 zumindest annähernd ein Orbit berechnet werden konnte, welcher durch die Angaben zum wechselnden Aussehen des Schweifs bestätigt wird. So unglaublich C/1264 N1 am Nachthimmel in Erscheinung trat, ist er doch der einzige unserer Top 10-Kometen, welcher (wahrscheinlich) nicht am Taghimmel sichtbar war. Von C/1264 N1 sind keine Zeichnungen aus dem Mittelalter überliefert. Die hier wiedergebene bekannte Abbildung des Schweifsterns wurde offenbar in Kenntnis
historischer Quellen angefertigt - allerdings erst im 19. Jh. für den "Illustrated London Almanack 1847". Literatur
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C/1861 J1 (Tebbutt) - Platz 1John Tebbutt (1834 - 1916) war der wohl bedeutendste australische Astronom des 19. Jahrhunderts. Er verbrachte sein gesamtes Leben in Windsor (New South Wales), wo er sich im Jahr 1863 ein kleines Observatorium einrichtete. Im Jahr zuvor hatte er die Stelle als Government Astronomer in Sydney abgelehnt. Tebbutt, der fast 400 Fachartikel schrieb, blieb zeitlebens Amateurastronom. Die wohl bedeutendste Beobachtung seiner Laufbahn machte er am 13.05.1861, als er in der Abenddämmerung ein schwaches diffuses Objekt im Sternbild Eridanus entdeckte. Tebbutt ahnte wohl kaum, dass er gerade einen Jahrtausend-Kometen gefunden hatte. Im Gegenteil, es schien falscher Alarm zu sein, denn das Objekt änderte seine Position in den folgenden Tagen nicht. Erst am 21.05.1861 war eine Bewegung erkennbar. Tebbutt wurde bald klar, dass sein Komet fast genau auf die Erde zusteuerte. Er beobachtete ihn in den kommenden Wochen weiter und sagte am 15.06.1861 in einem Artikel für die Tageszeitung (!) Sydney Morning Herald voraus, dass die Erde etwa am 29.06.1861 durch den Schweif gehen würde und dass der Komet dann am Taghimmel sichtbar sei würde. C/1861 J1 (Tebbutt) hatte mittlerweile (am 12.06.1861) sein Perihel in einer Sonnenentfernung von 0.82 AE passiert. Um den 20. Juni präsentierte er sich den Beobachtern auf der Südhalbkugel bereits mit einem 40 Grad langen Schweif. Die Bahn von C/1861 J1 stand fast senkrecht zur Ekliptik und zudem zog der Komet fast genau zwischen Sonne und Erde hindurch. Es war daher unmöglich, ihn vor der Erdnähe von der Nordhalbkugel aus zu sehen. Hier ahnte niemand etwas von dem Schweifstern, denn die Nachrichten verbreiteten sich damals mangels Telegrafenverbindung noch im Tempo der Schiffe. Das schlagartige Auftauchen von Komet Tebbutt am Nordhimmel am Abend des 30.06.1861* könnte dem Plot zu einem Endzeitfilm entstammen. Als es spät an diesem Sommerabend eindunkelte, stand wie aus dem Nichts ein Schweifstern von geradezu unglaublichen Dimensionen am Himmel. Der breit aufgefächerte Schweif nahm den gesamten Sektor zwischen den Sternbildern Kassiopeia und Großer Wagen ein (s. Abbildungen) und erstreckte sich über etwa 120 Grad. Seine Helligkeit war so groß, dass er Schatten warf. Vernünftige Helligkeitsschätzungen waren angesichts der Ausmaße des Kometen kaum möglich, der mondgroße Kopf soll etwa -3 mag erreicht haben; er blieb nach Sonnenaufgang am 01.07.1861 am Taghimmel sichtbar. C1861 J1 war ohne jeden Zweifel das größte Objekt, welches man jemals am Himmel gesehen hat.
* In England wurde der Komet bereits am Morgen des 30.06.1861 bei Bristol beobachtet. Ein Bewohner von Hawkhurst/Kent will ihn schon am Abend des 29. Juni gesehen und für den aufgehenden Mond gehalten haben.
Durch die günstige Bahnlage sowie die geringe Distanz zur Erde präsentierte sich Komet Tebutt (C/1861 J1) für wenige Tage mit einem extrem hellen
und ausgedehnten Schweif. Bildnachweis: Chambers (1909, Plate XVIII). Die unwirklichen Dimensionen und die enorme Helligkeit waren sowohl der geringen Entfernung (etwa 20 Millionen Kilometer) als auch einer starken Vorwärtsstreuung des Sonnenlichts am Kometenstaub geschuldet. Vermutlich bedeckte der Schweif in jener Nacht sogar den kompletten Himmel. Weltweit wurden seltsame diffuse Lichterscheinungen gemeldet, John Tebbutt berichtet von einem weißlichen Licht, welches vom gesamten Firmament kam, insbesondere aber vom Osthorizont. Beobachter auf der Nordhalbkugel blickten entlang der Synchronen des Schweifs sozusagen von hinten auf die Koma, welche sich im Teleskop reich strukturiert mit Jets und "Envelopes" präsentierte. Nachdem die Erde den Schweif nach etwa 2 Tagen verlassen hatte, nahmen Helligkeit und Schweiflänge rasch ab. Am 08.07.1861 betrug die Länge noch knapp 60 Grad, am 12.07.1861 etwa 30 Grad. Die letzte Beobachtung mit bloßem Auge datiert vom 15.08.1861, teleskopisch konnte Tebbutt noch bis Ende April 1862 verfolgt werden. Bahnberechnungen ergaben eine Umlaufzeit von 409 Jahren - C/1861 J1 ist ein periodischer Komet, der vielleicht identisch mit einem allerdings schlecht dokumentierten Schweifstern aus dem Jahr 1500 ist. Das plötzliche Auftreten von C/1861 J1 hatte den Nebeneffekt, dass anders als bei 1P/Halley im Jahr 1910 keine Zeit blieb, um irgendwelche Weltuntergangs-Phantasien zu entwickeln. Dennoch deuteten abergläubische Naturen Komet Tebbutt später als Vorzeichen des amerikanischen Bürgerkrieges. Die in der ersten Abbildung gezeigte wissenschaftliche Zeichnung von C/1861 J1 wurde als Grundlage für mehrere künstlerische Darstellungen genutzt,
von denen dies hier die weitaus bekannteste ist (aus Weiß 1888). Literatur
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