Ihr Begleitbuch zum Kometen |
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Komet Kirch (C/1680 V1)Pdf-Version (774 kb) zum DownloadSchon wenige Tage nach der Entdeckung von Komet ISON fiel auf, dass seine Bahn derjenigen des Kometen Kirch aus dem Jahr 1680 stark ähnelt. Daher wurde die Hypothese aufgestellt, dass beide Schweifsterne eine gemeinsamen Mutterkometen besitzen, der sich vor langer Zeit - u.U. vor Jahrtausenden - bei einer Sonnenpassage geteilt hat. Ob dies wirklich zutrifft, sei dahingestellt. Dass beide Kometen etwa zum gleichen Zeitpunkt (18. Dezember bzw. 28. November) des Jahres in Sonnennähe kommen, ist eine weitere Ähnlichkeit. C/1680 V1 gehört zu den hellsten und eindrucksvollsten Kometen, die jemals beobachtet wurden. Die bislang vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass ISON ein vergleichbares Schauspiel bieten könnte. Aus den genannten Gründen lohnt es, sich näher mit Komet Kirch zu beschäftigen. Der Große Komet von 1680 (Komet Kirch, C/1680 V1) über Rotterdam, gemalt von Lieve Verschuier.
Einige der Beobachter benutzen Jakobsstäbe, wohl zur Vermessung des Kometenschweifs. C/1680 V1 wurde am 14.11.1680 zufällig von dem deutschen Hobby-Astronomen Gottfried Kirch bei teleskopischen Beobachtungen bemerkt. Es war der erste Komet überhaupt, der nicht mit bloßem Auge, sondern mit optischen Hilfsmitteln entdeckt wurde. Im Laufe der kommenden zwei Wochen wurde das Objekt am Morgenhimmel allmählich heller und entwickelte einen eindrucksvollen Schweif, dessen Länge Ende November über 30 Grad betrug. Komet Kirch erreichte seinen geringsten Erdabstand am 01.12.1680 mit 0.42 AE. Als er am 18.12.1680 in weniger als 1 Million Kilometer Entfernung von der Sonne sein Perihel durchlief, konnte dies am Taghimmel beobachtet werden. Die Helligkeit des Kometen erreichte an diesem Tag wohl -10 mag - nur der Septemberkomet 1882 und Ikeya-Seki 1965 wurden noch heller. Nach ihrer Sonnenpassage waren sie zwar auffällige Objekte am Nachthimmel, aber längst nicht so eindrucksvoll wie z.B. Komet McNaught im Jahr 2007. Dagegen entwickelte sich C/1680 V1 nach dem Perihel zu einer der gewaltigsten Kometenerscheinungen der letzten 1000 Jahre. Er stieg binnen weniger Tage am Abendhimmel steil nach Norden. Um die Weihnachtszeit 1680 erreichte sein Schweif eine Länge von 90°, überspannte also den halben Himmel. Am 05.01.1681 näherte er sich der Erde noch einmal bis auf 0.49 AE an. Bis weit in den Januar hinein stand er als auffälliges Objekt am Himmel und entfaltete auf die Öffentlichkeit eine ungeheure Wirkung, ähnlich wie Hale-Bopp in unserer Zeit. Eine Flut von Traktaten und Einblattdrucken erschienen, zumeist beflügelt von der grassierende Kometenfurcht. C/1680 V1 wurde als Zeichen des nahenden Weltendes, zumindest aber als Mahnung Gottes angesehen; in den Kirchen wurden Bußgottesdienste abgehalten. Titelseite einer wissenschaftlichen Abhandlubg über den Großen Kometen des Jahres 1680 von Eusebio Francisco Kino
Ausgerechnet der Komet, der den Aberglauben zu neuer Blüte führte, läutete auch sein Ende ein. Zahlreiche Astronomen beobachteten den gewaltigen Schweifstern mit großer Sorgfalt. Unabhängig voneinander kamen Georg Samuel Dörffel in Sachsen und Isaak Newton in England zu der Schlussfolgerung, dass der Komet sich auf einer parabolischen Bahn um die Sonne bewegt. Zwar hatten schon Johannes Hevelius und Borelli gleiches von dem hellen Kometen der Jahreswende 1664/65 vermutet, doch allgemein herrschte noch Johannes Keplers Auffassung vor, dass sich Kometen auf geradlinigen Bahnen bewegen. Die Kurve, welche Komet Kirch vor aller Augen um die Sonne zog, war jedoch eine klare Widerlegung der Keplerschen Theorie. Darstellung der von Isaak Newton berechneten Parabelbahn für den Großen Kometen von 1680.
Steckbrief des Kometen Kirch Bahn des Kometen Kirch durch das innere Sonnensystem.
Eingezeichnet ist seine Position am Tag der zweiten Erdannäherung. Vergleich mit Komet ISON Bahnen der Kometen Kirch (Symbole) und ISON (weiße Linie) durch das innere Sonnensystem. Eingezeichnet sind die Positionen der Planeten am 01.12.2013.
Oben: Aufsicht auf das Innere Sonnensystem Unten: Seitenansicht des Inneren Sonnensystems
ISONs Bahnebene erreicht die Erde auf ihrem Umlauf um die Sonne wesentlich später als Kirchs, während der Komet 20 Tage früher als C/1680 V1 durch sein Perihel geht. Dies hat zur Konsequenz, dass ISON nur einmal - nach der Perihelpassage - in Erdnähe gelangt und dass die Erde seine Bahnebene erst kreuzt, wenn der Komet sich bereits wieder weit von ihr entfernt hat. Daher steht ISON sowohl vor als auch nach seiner Sonnenbegegnung von der Erde aus gesehen rechts (westlich) unseres Zentralgestirns und ist somit nicht nur vor, sondern auch nach dem Perihel ein Morgenhimmelobjekt. Da er sich aber rasch nach oben (Norden) von der Erdbahnebene entfernt, taucht er zwei Wochen nach dem Perihel doch noch am Abendhimmel auf. Links
Kometen.info: Ison und der Große Komet von 1680 - nicht verwandt oder doch? James W. Werner: The Great Comet of 1680 Wikipedia: Großer Komet von 1680 Literatur
Seargent, David (2009): The Greatest Comets in History. 260 S., Springer Science & Business Media, New York. Tammann, Gustav A. & Véron, Philippe (1985): Halleys Komet. 336 S., Birkhäuser Verlag, Basel, Boston, Stuttgart. Wurm, Karl (1955): Die Kometen. 160 S., Springer-Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg. |